Projekt Beschreibung

Erst beteiligen, dann entscheiden!
Direkte Demokratie und dialogische Bürgerbeteiligung clever kombinieren

Initiatoren:
translake GmbH

Projektbild

Wir erleben im kommunalen Bereich in Baden-Württemberg, dass es vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr reicht, alle vier oder fünf Jahre an den Wahlurnen mitzuentscheiden. Viele wollen kommunale Fragen aktiv mitgestalten. Mit der Reform der Gemeindeordnung sind seit dem 1. Dezember 2015 auch die rechtlichen Hürden für die direkte Mitbestimmung gesenkt worden, etwa durch die Absenkung der Quoren bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden.

Entscheiderinnen und Entscheider auf kommunaler Ebene müssen bei ihren Vorhaben damit umgehen. In Rottweil wurde (z.B. bei den Abwägungen zum Bau einer JVA und einer Fußgängerhängebrücke) die Erfahrung gemacht, dass eine Kombination von frühzeitiger dialogischer Bürgerbeteiligung mit direktdemokratischen Abstimmungen zu faktenbasierten und mehrheitlich akzeptierten Entscheidungen über unsere kommunale Zukunft führen kann.

Auch in der Stadt Tengen wurde erst nach einer dialogischen Beteiligung die Meinung der Bürger in einem Bürgerentscheid abgeholt, diese stimmten dann dem Vorschlag des Bürgermeisters und des Gemeinderates zu, eine städtische Fläche für eine Windkraftanlage zu verpachten. Gerne möchten wir unsere Erfahrungen zu diesem Thema mit Ihnen teilen.

Fragen & Antworten

In der heutigen Zeit werden Probleme und Herausforderungen zunehmend komplexer. Viele Themen umfassen eine Vielzahl an Akteuren und Verzweigungen, wodurch sie meist nicht mehr von einzelnen Entscheidern alleine gelöst werden können. Außerdem ist die Gesellschaft durch die fortschreitende Digitalisierung zunehmend informierter und möchte mehr im täglichen Geschehen mitbestimmen. Zusammenarbeit und Kooperation ermöglichen hierbei bessere, gemeinschaftlich getragene Lösungen, mit denen die Gesellschaft zufriedener ist und somit den Zusammenhalt stärkt.

Die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Akteuren muss auf Augenhöhe stattfinden. Gegner und Befürworter des zur Debatte stehenden Vorhabens sollen die Möglichkeit haben, Ihre Argumente in einem wertschätzenden Umfeld zu äußern. Doch zunächst sollte in einem Beteiligungsprozess eine gemeinsame Informationsbasis geschaffen werden. Dies funktioniert gut, wenn man eine klassische frontale Anordnung meidet. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, den Informationsaustausch in Form eines „Marktplatzes“ zu organisieren. Dafür bereitet eine möglichst breit aufgestellte Gruppe von Experten Informationen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten an „Marktständen“ auf. Interessierte haben die Möglichkeit, sich auf dem Marktplatz zu bewegen und in der gewünschten Tiefe an den Ständen zu informieren. Die Experten stehen für Nachfragen bereit. Durch eine parallele Darstellung der Informationen und auch der häufig gestellten Fragen kann eine breite Information der Bevölkerung erreicht werden.

Nach Abschluss der Informationsphase können Diskussionsformate stattfinden. Um einen konstruktiven Diskurs zu ermöglichen, sind Gespräche in wechselnden Kleingruppen denkbar, bei denen die Teilnehmer die Pro- und Contra-Argumente festhalten (z.B. im Rahmen eines World-Cafés). Die gesammelten Argumente können hingegen in einer „Abstimmungsbroschüre“ strukutiert veröffentlicht werden, die der Bevölkerung als Entscheidungsgrundlage für einen Bürgerentscheid dienen kann.

Meistens gehören zu Beteiligungsprojekten in Kommunen auch einige Gegner, die sich gegen das Projektvorhaben stellen. Es ist besonders wichtig auf diese Personen zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Nur so kann gegenseitiges Verständnis entstehen und Kompromisse gefunden werden. Dies gilt für die meisten Herausforderungen: miteinander reden, dem gegenüber zuhören, sich versuchen in dessen Lage zu versetzen und auf sachlicher Ebene versuchen einen Kompromiss zu finden.

Besondere Schwierigkeiten können gut organisierte Lobbygruppen bereiten, welche besonders bei Vorhaben im Energiebereich über ein gutes Netzwerk verfügen und Protestierende weit über die betroffene Kommune hinaus mobilisieren. Der Dialogprozess zu den Windrädern in Tengen wurde von solchen Lobbyisten aufgesucht. Es wurden Broschüren mit inadäquaten Visualisierungen der angedachten Windräder, polemischen Aussagen und teilweise falschen Informationen verteilt.

Bei den Dialogveranstaltungen gelang es gut, den Diskurs auf die Belange der Betroffenen Personen aus der nähren Umgebung zu beschränken. Sobald festgestellt wurde, dass einige halbprofessionelle Windkraftgegner aus ganz Baden-Württemberg anwesend waren, wurde jeder Sprecher gebeten, zunächst seinen Namen und seinen Wohnort zu nennen. So konnte die Bevölkerung erkennen, wer die Interessen der Kommune vertrat und wer Windkraftanlagen ganz allgemein ablehnte.

Uns ist es besonders wichtig, wenn möglich, jedem die Chance zu geben, sich beteiligen zu können. Hierfür bedarf es manchmal einer intensiveren Planung und Betreuung einzelner Personen, wofür wir uns gerne Zeit nehmen und auf diese versuchen möglichst gut einzugehen.

Wichtig ist eine Aufarbeitung von Informationen in einfacher Sprache sowie die Verwendung von großen Schriftgrößen. Im Allgemeinen gilt: Je vielfältiger die Formate in einem Dialogprozess, desto vielfältiger die Personen, die sich beteiligen. Wir sprechen uns deswegen beispielsweise stets für eine Kombination von Onlineformaten (mit denen man jüngere Menschen und Berufstätige gut erreicht) und analogen Veranstaltungen (die besonders von älteren Personen wahrgenommen werden) aus.

Projektinitiator

Ansprechpartner

  • Hanna Kasper
  • 07531 3659230
  • info@translake.org

Foto zeigt eine Gruppe von Menschen, die in einem Vortragssaal einem Redner zuhört.
Große Diskussionsrunde in einer Sporthalle
Projektbild zeigt eine weitere Diskussion.
Diskussion in einer Sporthalle