Projekt Beschreibung

Digitales Plaudern einfach gewagt!

Initiatorin:
Stadt Göppingen, Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement

Logo der Stadt Göppingen

Das digitale Plaudern war eine überraschend erfolgreiche „Notlösung“. Unser Nachbarschaftsgespräch, das für den 14. November 2020 in Göppingen Ursenwang-Manzen geplant war, konnten wir wegen der steigenden Corona-Ansteckungszahlen nicht mehr durchführen.

Nun war es so: Direkt vor dem Nachbarschaftsgespräch hatten wir mit Hilfe von Postkarten erfragt, was den Menschen an den Göppinger Orten Ursenwang, Manzen und St. Gotthardt gefällt und was sie sich an Veränderungen wünschen. Unsere Erwartungen an den Rücklauf wurden deutlich übertroffen, denn es wurden über 150 Postkarten an den dezentral verteilten Sammelboxen abgegeben. Das war insofern ein großer Erfolg des Netzwerkes der Kooperationspartner, als es bisher nur sehr geringe Kontakte von den wenigen sozialen Einrichtungen zu den Bürgerinnen und Bürgern gab. Niemand konnte im Vorfeld gut einschätzen, auf welche Resonanz das Angebot eines Nachbarschaftsgesprächs stoßen würde. Mit den Postkarten gab es ein erstes dünnes „Kommunikationsfädchen“ und das sollte wegen des Herbst-Lockdowns nicht wieder abreißen. Also fiel kurzfristig die Entscheidung: „Einfach nur ins Frühjahr schieben ist keine Option!“

Alternativ wurde eine kurze Plauderrunde über Zoom angeboten. Die Erste Bürgermeisterin Almut Cobet begrüßte, es gab ein Kennenlernen über Speeddating, ein paar Einblicke in die Ergebnisse der Postkartenumfrage. Das Herzstück war ein Austausch in Kleingruppen über die Frage: „Welche Themen sind Ihnen für das Nachbarschaftsgespräch im Frühjahr wichtig?“- und dann war das digitale Plaudern nach eineinhalb Stunden schon wieder vorbei.

Rein quantitativ betrachtet haben nur wenige Menschen teilgenommen. In der kurzen Frist, den Termin und den digitalen Ort bekannt zu geben, werten wir den Samstagmittag dennoch als Erfolg:

  • Die, die teilnahmen, waren froh, gehört zu werden. Sie haben Themen, die ihnen wichtig waren, einbringen können.
  • Es war erfahrbar, dass ein respektvoller Dialog auch im Virtuellen funktioniert
  • Die Teilnehmenden verstehen sich jetzt als Multiplikator*innen für das später folgende „richtige“ Nachbarschaftsgespräch und boten an, den Veranstaltungshinweis in ihren Netzwerken zu streuen.
  • Die Stadtverwaltung hat angesichts der Umstände nicht einfach kapituliert, sondern konnte zeigen, dass ihr das Hinhören wichtig ist.

Fragen & Antworten

Der Anlass für das für Mitte November 2020 geplante Nachbarschaftsgespräch war die Beobachtung: In den beiden Göppinger Orten Ursenwang und Manzen lebt man isoliert nebeneinanderher. Zwar ist die Wohnqualität hoch. Aber Nachbarschaft und Kommunikation finden unter den verschiedenen sozialen Gruppen kaum statt. Es gibt kaum Orte der Begegnung und es gibt ein hohes Maß an Vereinzelung.

Allen Beteiligten im Steuerungskreises war klar: Für mögliche Lösungen, die zu einem besseren Zusammenleben beitragen, müssen die Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden. Nur sie können sagen, was sie brauchen, was wirklich nützlich ist und woran sie mitwirken möchten. Das ist der Grund, warum die Stadt Göppingen sich um die Förderung eines Nachbarschaftsgespräches beworben hat und es durchführen möchte. Es soll den Auftakt von Maßnahmen für mehr soziale Begegnung darstellen.

Der wichtigste Erfolgsfaktor ist bisher das große Engagement der Mitglieder des Steuerungskreises. Ihm gehören – neben der Koordinatorin für das Nachbarschaftsgespräch, der Beauftragten für Bürgerschaftliches Engagement – die Bezirksamtsleiterin, mehrere Bezirksbeiräte, der Rektor der Ursenwanggrundschule, die Referentin der FLÜWO Stiftung, ein Mitarbeiter der Bruderhausdiakonie, eine Mitarbeiterin der Wilhelmspflege, der Leiter des Jugendtreffs Classic´s, die evangelische Pfarrerin, der katholische Diakon sowie die externe Prozessbegleitung an.

Ohne die breite Verankerung unter den Institutionen vor Ort und ihre aktive Mitwirkung wären die Passgenauigkeit des Ansatzes und die Erfolge bisher nicht möglich gewesen. Ihr Rat, ihre Einschätzung und ihr Mittun sind unverzichtbar.

Es war ein Experiment, den Zugangslink für die Videokonferenz ohne jede weitere Anmeldehürde zu veröffentlichen. Schließlich gibt es gewisses Risiko, dass (wie im echten Leben auch) Menschen teilnehmen, die die Veranstaltung sprengen könnten… Stichwort „Zoom bombing“.

Aber unter den gegebenen Umständen (kurze Frist von weniger als einer Woche und kaum vorhandene Netzwerkstrukturen, um die Einladung zu verbreiten) hatte Priorität, den Zugang so leicht wie möglich zu halten. Also wurde der Zugangslink als QR-Code auf Handzettel gedruckt und zugleich über E-Mailverteiler verbreitet.

Im Ergebnis können wir sagen: Das Vertrauen hat sich gelohnt.

Natürlich hat uns sehr beschäftigt, dass wir zwar mit dem „digitalen Plaudern“ kurzfristig eine alternative Dialogform ermöglichen, zugleich aber Menschen ohne Zugang zu und Erfahrung mit Videokonferenzen ausschließen. Hier hat sich der Rektor der Ursenwanggrundschule mit großem Engagement eingebracht. Am Samstagmittag wurde die Aula der Grundschule zu einer lokalen Videokonferenzstation umgestaltet. Mit dem notwendigen Sicherheitsabstand waren mehrere PC´s und Laptops mit Kameras und Headsets aufgebaut. An ihnen haben Mitglieder des Steuerungskreises das digitale Plaudern mitgestaltet und man konnte ihnen unverbindlich (und mit Abstand!) über die Schulter schauen. Das wurde auch genutzt. Und es gab freie Plätze, mit Hilfe derer Jugendliche, die keine Geräte zur Verfügung hatten, teilnahmen. Das improvisierte und zugleich professionelle „Videokonferenzstudio“ in der Grundschule hat also zu einer größeren Diversität unter den Teilnehmenden beigetragen, die Hemmschwelle gesenkt und die Zusammenarbeit gestärkt.

Projektinitiatorin

  • Stadt Göppingen, Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement

Ansprechpartner

  • Petra Schmettow, forum für internationale entwicklung + planung (Auftragnehmerin)

  • 0711 93276863

  • petra.schmettow@finep.org