Projekt Beschreibung

Stuttgarter Armutskonferenz 2019

„Vernetzt gegen Armut“
Formen der Beteiligung von Betroffenen

Initiatoren:

Landeshaupstadt Stuttgart, Sozialamt, Abteilung Sozialplanung, Sozialberichterstattung und Förderung

Bei der „Stuttgarter Armutskonferenz 2019 – Vernetzt gegen Armut“ am 24. Mai 2019 mit rund 350 Teilnehmenden wurden vielfältige Perspektiven und Erfahrungen zusammengebracht, um gemeinsam neue Wege in der Bekämpfung von Armut und ihren Auswirkungen zu erarbeiten. Vier im Vorfeld der Konferenz durchgeführte fachliche Arbeitsgruppen entwickelten erste Handlungsansätze unter Mitwirkung vieler Vertreter*innen der Stadtverwaltung sowie sozialer Einrichtungen und der Selbstvertretung. Es wurden Handlungsempfehlungen für die Themenfelder Wohnraumversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildungschancen und soziale und kulturelle Teilhabe erarbeitet.

Das Besondere an diesem Prozess war die Beteiligung von Menschen, die von Armut betroffenen sind. Hierzu fanden zusätzlich zu den oben genannten Arbeitsgruppen insgesamt drei Veranstaltungen in den Stuttgarter Stadtbezirken Zuffenhausen, Wangen und Süd statt. Zu diesen „Nachmittagsgesprächen Soziales Stuttgart“ wurden Inhaber*innen der „Bonuscard+Kultur“ eingeladen.

Die „Bonuscard+Kultur“ gibt es in der Landeshauptstadt Stuttgart bereits seit 2001. Dabei handelt es sich um eine freiwillige soziale Leistung, die es dem Berechtigtenkreis (Bezug von Transferleistungen) ermöglichen soll, trotz finanzieller Einschränkungen am kulturellen, sportlichen und sozialen Leben in der Stadt teilzunehmen.

Während der „Nachmittagsgespräche Soziales Stuttgart“ haben sich an Tischgesprächen mit Hilfe eines Moderationsleitfadens zahlreiche „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen beteiligt und viele Ideen in den Prozess eingebracht. Dabei wurden Rückmeldungen zu Gelingendem und Hilfreichem ebenso zur Sprache gebracht wie Hinweise auf Verbesserungs- und Entwicklungsbedarfe. Daneben hatten „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen die Möglichkeit, bereits vorab wichtige Themen und Anliegen im Rahmen einer begleitenden Befragung („Schreibwerkstatt“) zu benennen. Für Kinder im Grundschulalter wurde bei allen drei Nachmittagsgesprächen eine Kinderbeteiligung angeboten, um auch die Sichtweise der Kinder auf das Thema „Leben in Armut“ mit einzubeziehen.

Der Tag der Konferenz wurde so gestaltet, dass viele Betroffene teilnehmen konnten und sich zu Wort gemeldet haben. Zusätzlich zu den Foren zu den oben genannten Arbeitsgruppen gab es ein Forum in leichter Sprache, um bestimmten Zielgruppen die Beteiligung zu erleichtern.

Insgesamt war die „Stuttgarter Armutskonferenz 2019 – vernetzt gegen Armut“ ein gelungener Partizipationsprozess, in dem die Betroffenen mit ihren Bedarfen ernst genommen wurden.

Fragen & Antworten

Kooperation führt zu gesellschaftlichem Zusammenhalt und ist für den Planungsprozess unerlässlich. Ein soziales Stuttgart für alle Einwohner*innen ist ein erklärtes Anliegen der Landeshauptstadt Stuttgart. Die kommunale Sozialplanung gestaltet in Kooperation mit der Wohlfahrtspflege Stuttgart und der Selbsthilfe bedarfsgerechte, passgenaue und finanzierbare Angebote. Die soziale Infrastruktur wird unter Beteiligung der Zielgruppen und in enger Kooperation mit den Trägern der Wohlfahrtspflege (Subsidiaritätsprinzip), Kirchen oder den Eigenbetrieben der Landeshauptstadt Stuttgart fachlich gestaltet.

Zu den Gruppen, die besonders Unterstützung benötigen und für die die Sozialplanung zuständig ist, gehören vor allem ältere und pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung, Menschen mit chronisch psychischer Erkrankung, Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (Wohnungsnotfallhilfe), Menschen mit Suchtproblematiken und Menschen mit Fluchterfahrung.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Beteiligung der Einwohner*innen an Projekten und am Sozialplanungsprozess. Deshalb war es für die Sozialplanung folgerichtig und konsequent, den Prozess der Armutskonferenz mit einer geeigneter Beteilungsform der Zielgruppen durchzuführen.

Neben professionellen Einschätzungen sollen die Einwohner*innen selbst ihre Einschätzungen einbringen. Hierzu wurden insgesamt drei partizipative Veranstaltungen „Nachmittagsgespräche Soziales Stuttgart“ durchgeführt, um mit „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen direkt und niedrigschwellig ins Gespräch zu kommen. Die „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen der Stadtbezirke Zuffenhausen, Wangen und Süd wurden zur Beteiligung und Bewertung der „Bonuscard+Kultur“ eingeladen. Dabei wurde Lob zur „Bonuscard+Kultur“ ebenso zur Sprache gebracht wie Hinweise auf Verbesserungs- und Entwicklungsbedarfe. Den Hauptteil der Veranstaltung bildeten Gespräche an Tischgruppen mit Hilfe eines Moderationsleitfadens. Daneben hatten „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen die Möglichkeit, bereits vorab wichtige Themen und Anliegen im Rahmen einer begleitenden Befragung („Schreibwerkstatt“) zu benennen.

Bei der Partizipation ist besonders das Gespräch auf Augenhöhe wichtig und unerlässlich für eine erfolgreiche Beteiligung. Die Methode der Tischgespräche hat sich bei den partizipativen Veranstaltungen als geeignet herausgestellt: Die „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen fühlten sich ernst genommen. Durch die Moderation der Gespräche durch zahlreiche Fachleute, die zusätzlich Fragen zum Hilfesystem beantworten konnten, sind die Teilnehmer*innen der Nachmittagsgespräche mit einem persönlichen Gewinn aus den Gesprächen gegangen. Das hat entscheidend zum Erfolg und Akzeptanz der Partizipation beigetragen.

Die Sozialplanung hat sich zu Beginn des Projektes Gedanken gemacht, wie sie die Betroffenen zahlreich und auf Augenhöhe erreichen kann, um die Partizipation sicherzustellen und damit diese zahlreich an den „Nachmittagsgesprächen Soziales Stuttgart“ teilnehmen. Als gute Lösungen haben sich die Methode der Tischgespräche, die direkte Ansprache im Einladungsanschreiben der „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen sowie die unterstützende Begleitung durch die sozialen Träger vor Ort bewährt. So konnte die Sichtweise der Betroffenen in vorbereitenden thematischen Fachgruppen einfließen.

An dem Tag der großen Konferenz stellte sich die Frage, wie sich Betroffene auf einem Fachkongress gut beteiligen können und dabei die Meinung der „Profis“ und der „Betroffenen“ gut miteinander dargestellt und verbunden werden können. Das offene Forum „Gesprächsrunden in leichter Sprache zum Thema Armut“ war eine geeignete Beteiligungsform für „stille Gruppen“. Die Diskussionsrunden am Nachmittag hatten eine so gute Kommunikationsatmosphäre, dass sich spontan viele Menschen, die in Armut leben, beteiligt haben.

Dass am Schluss der Veranstaltung alle am Prozess Beteiligten (Betroffene, Gemeinderäte*innen, Vertreter*innen der Liga der freien Wohlfahrtpflege, Vertreter*innen der Kommunalverwaltung) miteinander das Netz zur Bekämpfung von Armut in Stuttgart symbolisch dichter gewebt haben, war ein passendes und bleibendes Bild für den Prozess der „Stuttgarter Armutskonferenz 2019 – Vernetzt gegen Armut“.

Durch die direkte Ansprache der „Bonuscard+Kultur“-Inhaber*innen ist es gelungen, die von Armut Betroffenen zu erreichen und zu beteiligen. Stille Gruppen wie Menschen mit Behinderung, Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen mit Fluchterfahrung und Migrant*innen konnten sich so zahlreich an den Tischgesprächen beteiligen. Durch die Teilnahme von professionellen Kräften, die die Schwelle für die jeweilige Gruppe gesenkt haben, konnte die jeweils passende Ansprache für die jeweilige Zielgruppe gefunden werden.

Die Methode der Tischgespräche hat sich als erfolgreich erwiesen, da die Teilnehmenden nicht nur ihre Meinung und Bedarfe abgeben konnten, sondern auch deren Fragen rund ums Hilfesystem und die „Bonuscard+Kultur“ beantwortet werden konnten. Für diejenigen, für die die Schwelle zu hoch war, an den Nachmittagsgesprächen teilzunehmen, gab es die Möglichkeit, an einer „Schreibwerkstatt“ ihre Statements im geschützten Rahmen abzugeben.

Aufgrund der positiven Erfahrungen in den Nachmittagsgesprächen haben an der Konferenz ebenfalls zahlreiche Betroffene teilgenommen und konnten sich gut einbringen.

Projektinitiator

  • Landeshaupstadt Stuttgart, Sozialamt, Abteilung Sozialplanung, Sozialberichterstattung und Förderung

  • Eberhardstraße 33, 70173 Stuttgart

Ansprechpartner

  • Sabrina Pott

  • 0711 216 59086

  • sabrina.pott@stuttgart.de

Foto eines von einer Künstlerin aufgearbeites Ergebnis der Schreibwerkstatt in Stuttgart-Süd
Bild vom Grafic Recording, das den Tag der Konferenz begleitet hat.